Clint Eastwood ist zurück: Und das vollkommen überraschend. Niemand hatte gewusst, dass der inzwischen fast 90-jährige an einem neuen Film dreht, und schon gar nicht, dass er darin selbst die Hauptrolle übernehmen würde (zuletzt hatte Eastwood 2008 in einem selbst inszenierten Film, in „Gran Torino„, vor der Kamera gestanden). „The Mule“, der die Geschichte eines Senioren erzählt, der eher unabsichtlich zum Drogenkurier großen Stils wird, ist ein solides Drama mit heiterem Touch geworden, das durchaus zu unterhalten weiß, aber nicht ganz an ehemalige Großtaten des Regisseurs anschließen kann. Für Fans aber auf jeden Fall empfehlenswert.

Earl Stone (Eastwood) führt ein recht angenehmes Leben: Als Vertreter für Blumensamen war und ist er sein ganzes Leben und immer noch die meiste Zeit des Jahres mit seinem Truck durch die Staaten unterwegs, um seine Blumen auszuliefern. Er genießt, auch in hohem Alter, das „schöne Leben“ und ist Alkohol und Frauen nicht abgeneigt; zum Leidwesen seiner Familie, seiner Ex-Frau, die sich nach nur wenigen Jahren Ehe von ihm scheiden hat lassen, weil er stets die Arbeit über ihr Wohlergehen gestellt hatte, und seiner Tochter, die kein Wort mehr mit ihm spricht, als der nicht einmal zu ihrer Hochzeit aufgetaucht war.

Als er Jahre später auf einer Party bei seiner inzwischen jugendlichen Enkelin auftaucht, bekommt er ein Angebot, dass er nicht ablehnen kann: Er soll auf einen seiner Trips eine Tasche mitnehmen und an einem vereinbarten Ort abliefern – für ein Honorar im mehrstelligen Dollarbereich. Earl fragt nicht lange nach, liefert die Tasche ab, und begleicht von seinem Honorar Teile der Ausgaben für die Verlobungsfeier seiner Enkelin. Doch der nächste Auftrag wartet schon, und so gerät Stone Schritt für Schritt in die Fänge eines mexikanischen Drogenkartells, während das FBI seine Netze auswirft, um des neuen Drogenkuriers habhaft zu werden.

Die zugegebenermaßen skurrile Story hatte sich vor einigen Jahren in den USA tatsächlich zugetragen. Eastwood, der den Film an sich nur produzieren wollte, spielt den leicht senilen Drogendealer als gutmütigen Opa, der zwar zu wissen scheint, was er tut, dem die amoralische und kriminelle Komponente seines Handelns aber vorerst ziemlich egal ist. Zu gut fühlen sich die immer größer werdenden Dollar-Pakete an, der damit neu gekaufte Truck und die Aufmerksamkeit der eigenen Familie, die er jahrzehntelang vernachlässigt hatte, und die eigentlich nichts mehr von ihm wissen wollte.

„The Mule“ behandelt viele typische Eastwood-Themen: Egoistische und dennoch gebrochene Männlichkeit, (gescheiterte) Familie, Fragen nach Moral und Anstand und die schlussendliche Selbsterkenntnis und Läuterung des trotz allem sympathischen Anti-Helden. Das alles hat man schon oft und auch schon besser gesehen, Eastwood beweist aber, dass er sein Handwerk sowohl als Regisseur, als auch als Schauspieler noch immer beherrscht – eindrucksvoll, wenn man sein inzwischen wirklich fortgeschrittenes Alter beachtet.

Von anderen seiner Filme hebt sich „The Mule“ insbesondere durch die großteils heitere und positive Grundstimmung ab, in die die oben beschriebenen kleineren und größeren Dramen eingebettet sind. Besondern sie Auswahl der Songs, die den Einstellungen von den wiederholten Drogenkurier-Trips unterlegt sind, trägt dazu bei. Nachdem der Film (hier bleibt der Regisseur konsequent) ganz um seinen Protagonisten zirkuliert, es sich um eine One-man-Show handelt, ist zu den anderen Darstellern wenig zu sagen: Durchaus bekannte Namen wie Lawrence Fishbourne, Bradley Cooper oder Dianne Wiest machen ihre Sache gut bis solide, stehen aber eindeutig in der zweiten Reihe und tragen durch die ihnen im Drehbuch zugewiesene und untergeordnete Rolle nicht allzu viel zum Gesamteindruck bei.

Fazit:

Clint Eastwood kann es immer noch: In seinem neuen Film „The Mule“, ab 1.2. im Kino, spielt er einen rüstigen Senioren, der unvermittelt zum Drogenkurier großen Stils für ein mexikanisches Kartell wird. Inhaltlich greift der Film viele bekannte Eastwood-Themen auf, bettet sie aber in ein ungewohnt heiteres Setting ein. Eastwood überzeugt vor allem als Hauptdarsteller und als solider Regisseur, der Film weißt durchaus zu unterhalten, wenngleich man ähnliches schon oft und auch besser gesehen hat.

Bewertung:

7 von 10 Punkten

von Christian Klosz

Bilder: Warner Pictures